Balhorn. Kaum wieder zu erkennen ist die Balhorner Kirche, deren heutiger Kirchbau mit seinen ältesten Teilen bis ins 15. Jahrhundert zurückgeht. Durch ihre Architektur gehört sie zu den bemerkenswertesten sakralen Bauten im Altkreis Wolfhagen.
Allerdings werden Gottesdienste hier wegen der Renovierung und Arbeiten an der Deckenmalerei derzeit keine gehalten. Aber es gibt viele Besucher, die sich für den Stand der Arbeiten interessieren. Zuletzt waren 20 Gäste im Gotteshaus, denen Jürgen Böddecker, Chef des Paderborner Restauratorenteams, in einer Führung sachkundige Erläuterungen gab.
Die Besucher überzeugten sich, nachdem sie über Leitern die oberste Etage der Gerüstaufbauten erklommen haben, mit Hilfe von Strahlern vom desolaten Zustand der "Raumschale" (gemeint ist die abgerundete Kirchendecke). 1895 wurden für die Malereien an der Kirchendecke organische Bindemittel wie Alaun, Pigmente und Leinfarbe verwendet. Stellenweise ist die Malschicht extrem pudrig und rieselt bei Berührung ab.
1948 wurde der Hintergrund der Deckenmalerei übermalt und dabei stellenweise so stark gesäubert, dass Flecken entstanden. Zurzeit reinigen die Restauratoren die Malerei mit sehr feinen Ziegenhaarbesen, um ihren Zustand festzustellen.
Karl-Ernst Kraus, Inhaber der Glaswerkstätte Kraus (Weimar), berichtete über die Kirchenfenstersanierung. Die bunten Glasfenster stellen eine kostbare Besonderheit in der Kirche dar. Sie bestehen aus so genanntem Tischkathedralglas und Antikglas. Beim Tischkathedralglas wird das flüssige eingefärbte Glas auf eine Metallplatte gegossen und mit einer Walze glattgewalzt. Durch die Temperaturunterschiede zwischen Glasmasse und Walztisch entstehen einzigartige Strukturen.
Beim Antikglas wird die Glasmasse mundgeblasen, etwa wie ein lang gezogener Luftballon. Anschließend wird der Körper, noch heiß, längs aufgeschnitten und ausgerollt. Die Farbe kann durch Einfärben der Glasmasse mit Metallverbindungen und mehrschichtigen Farbaufträgen bestehen. Das Glas ist besonders für Malereien geeignet.
Kraus hat die fehlenden Scheiben nach der alten Rezeptur, wie sie bereits im Jahr 1903 in seiner Firma praktiziert wurde, wieder hergestellt und die schadhaften Bleieinfassungen erneuert.
Die Einweihung der renovierten Kirche mit den restaurierten Deckenmalereien soll am 2. Dezember mit Dekan Dr. Gernot Gerlach stattfinden. Die restaurierte Orgel wird ihren Dienst nach Aussage von Pfarrer Stefan Kratzke erst im Frühjahr aufnehmen können. (zjg)
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