Gutachterliche Stellungnahme
von Peer Schlechta, Orgelsachverständiger der Ev. Kirche von Kurhessen-Waldeck


Foto: Reinhard Reitze

Wegen der überaus soliden Bauweise und handwerklich guten Verarbeitung des Werks aus der Gottsbürener und Hofgeismarer Tradition des Orgelbaus - zu nennen sind die Orgelbauer Kohlen, Heeren, Kuhlmann und Euler - kann die derzeitige Verfassung der Balhorner Euler-Orgel mit Sicherheit zum Besseren gewendet werden.

Die Orgelbauer mit den Namen Kohlen, Heeren, Kuhlmann und Euler fertigten ab dem 17. Jahrhundert bis in das 20. Jahrhundert hinein mehrere hundert Instrumente auf einem hohen handwerklichen und künstlerischen Niveau; zusammengenommen gehört diese Dynastie zu den ältesten Orgelbauwerkstätten Deutschlands.

Nach einer sorgfältigen Restaurierung der mutmaßlich im Jahr 1895 von Mitarbeitern der Werkstatt Gebrüder Euler gefertigten Orgel wird die ev. Kirchengemeinde wieder über ein hervorragendes Instrument verfügen. Die Orgel bildet im Zusammenwirken mit der übrigen Ausstattung des Kirchenraums ein zu schützendes Gesamtkunstwerk, welches in seiner Bedeutung im nördlichsten Teil unserer Landeskirche singulär sein dürfte.

Aufgrund des hohen Anteils an originaler Substanz aus der Zeit des ursprünglichen Bestands 1895 ist das Balhorner Werk aus der Werkstatt Gebrüder Euler als eine Denkmalorgel zu klassifizieren. Darüber hinaus liefert das Instrument durch seine Gestalt zusammen mit Vergleichsinstrumenten einen wichtigen Baustein zum Verständnis der Gottsbürener und Hofgeismarer Geschichte des Orgelbaus.*

*Bericht wurde im November 2006 zur Verfügung gestellt.




Ausführungen
des Orgelbaumeisters Elmar Krawinkel, Trendelburg-Deisel

Die historische Orgel in der ev. Kirche zu Balhorn ist in ihrem jetzigen Bestand mit Ausnahme einiger Veränderungen im technischen wie im klanglichen Bereich original erhalten. Die ältesten noch erhaltenen Werkteile sind das Orgelgehäuse, die Windladen der Manuale und des Pedals sowie die Spiel- und Registertraktur. Weiterhin ist auch ein beträchtlicher Teil des Pfeifenwerks aus der Zeit des Erstzustands erhalten.

Die genannten Werkteile stammen aus der Werkstatt der Orgelbauer Euler, Trendelburg-Gottsbüren, und wurden um 1895 von den Mitarbeitern in der Werkstatt Gebrüder Euler erstellt.

Im Zug der geplanten Restaurierungsarbeiten wird das historische Gehäuse sorgfältig gereinigt und saniert. Ebenso wird die gesamte technische Anlage mit den Windladen, der Spiel- und Registertraktur ebenso wie die Windanlage restauriert bzw. nach Vorbild rekonstruiert. Umfangreiche Arbeiten sind zur Sanierung der Windladen nötig, die seinerzeit in solider Bauweise aus massiver Eiche mit gespundeten Kanzellen gefertigt wurden. Nach über 110 Jahren sind einige Spunde gerissen, was Undichtigkeiten einiger Kanzellen (sogenannte Durchstecher) zur Folge hat. Die Dehnungsfugen, die von uns eingearbeitet werden, sichern die Dichtigkeit der Windlade auch bei höheren Temperatur- und Luftfeuchtigkeitsunterschieden.

Das Pfeifenwerk wird auf den Bestand der ursprünglichen Konzeption zurückgeführt und nach historischem Vorbild intoniert, damit ein einheitlicher und in sich geschlossener Gesamteindruck vom Instrument inmitten der einzigartigen Kirchenausstattung entstehen kann.*

*Bericht wurde im November 2006 zur Verfügung gestellt.




Die Orgel ist wieder zu hören

"Wir haben es geschafft", diese erleichterten Worte sagte Pfarrer Stefan Kratzke zu Anfang des Festgottesdienstes zur Einweihung der Kirchenorgel nach ihrer umfangreichen Restaurierung durch Orgelbaumeister Elmar Krawinkel. Nachdem am 1. Advent des vergangenen Jahres in der Kirche nach deren Renovierung wieder Gottesdienste stattfinden konnten, fehlte nur noch die Orgel.

Es sei ein langer Weg gewesen, sagte Pfarrer Stefan Kratzke. Mehr als ein Jahr musste die evangelische Kirchengemeinde Balhorn auf die Klänge ihrer Orgel verzichteten. Dass die Restaurierung eine große finanzielle Belastung darstellt, sagte der Pfarrer auch. Doch durch die enorme Spendenbereitschaft der Bürger, für die Stefan Kratzke dankbar war, werden die noch aufzubringenden Kosten problemlos abgedeckt werden können.

Den Festgottesdienst bereicherte der Chor Viel Harmonie mit seinem Dirigenten Andreas Kowalczyk mit einer Kantate von Dietrich Buxtehude und erhielt für diesen hörenswerten Beitrag, der von einem Kammer-Ensemble unter der Leitung von Kirchenmusikdirektor Bernd Geiersbach begleitet wurde, viel Applaus.
Der Balhorner Posaunenchor begleitete unter der Leitung von Holger Masche die Gemeinde beim Singen.

Nach dem Gottesdienst gab Kirchenmusikdirektor und Orgelsachverständiger der evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck, Peer Schlechta (Trendelburg-Deisel), eine Einführung in die Orgelmusik und anschließend ein Orgelkonzert mit Werken von Johann Sebastian Bach, Ernst Köhler, Ludwig Krebs, Joseph Rheinberger und Theodore Dubois. (zjg)*

*HNA-Bericht von S. Hellwig vom 13. Mai 2008




Mitwirkende beim Festgottesdienst in Balhorn: Der Chor "Viel Harmonie" und Bernd Geiersbach an der Orgel. (Fotos: zjg)





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